Inklusion im Marschtempo

Zu seinem Jubiläum im Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Bigge-Olsberg spielen die Kollegen für Uli Hildebrandt „Preußens Gloria“. Hildebrandt mag diesen Marsch, hat ihn selbst schon tausendfach gespielt. Uli Hildebrandt ist seit 25 Jahren in dem Spielmannszug aktiv. Bei Auftritten schlägt er die große und kleine Trommel sowie die Becken. Dass er das tut, hat er einem anderen Uli zu verdanken: „Es war Uli Kohl, der mich damals entdeckt hat“, lacht Hildebrandt.

Die Erinnerung bringt auch den Entdecker zum Schmunzeln. Uli Kohl ist selbst Musiker und Mitglied in dem Bigger Spielmannszug. Hauptberuflich arbeitet Kohl als Leiter eines Wohnhauses für Menschen mit Behinderung des Caritasverbandes Brilon. Und dort wurde die musikalische Entdeckung im Wendejahr 1989 gemacht. „Damals habe ich Uli spielen sehen und auch gehört: Er trommelte zur Musik vom Plattenspieler“, erzählt Uli Kohl. Der Talentscout war überzeugt: „Wenn er das kann, kann er auch im Spielmannszug mitspielen.“ Etwas Vorlaufzeit bis zum ersten öffentlichen Auftritt brauchten die beiden Ulis allerdings, denn „Noten vom Blatt zu spielen, kann Uli nicht“, sagt der Mentor. Brauchte er auch nicht. „Wir haben die Stücke über Hören, Sehen und Nachspielen einstudiert“, sagt Kohl. „Für den Privatunterricht bei Uli bin ich dann mit dem Bus bis nach Bigge gefahren“, erinnert sich Hildebrandt. Ein drei viertel Jahr hat es gedauert, bis das Schützenfest-Repertoire taktsicher saß. Dann wurde Uli Hildebrandt in den Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Bigge-Olsberg aufgenommen. „Mein erster öffentlicher Auftritt war das Schützenfest in Gevelinghausen. Aufregend war das, aber auch ungeheuer toll.“
Ein viertel Jahrhundert ist das bereits her. So lange leben die Spielleute von Olsberg-Bigge bereits das, was heutzutage in aller Munde liegt: Inklusion. Und die vollzieht sich, wenn einende Bindeglieder über das vermeintliche Anderssein gestellt werden. Bei Uli Hildebrandt und seinen Kollegen ist es die Liebe am gemeinsamen Musizieren. Über die Jahre hat sich Hildebrandts Leben verändert. Er ist aus dem Wohnhaus ausgezogen und lebt jetzt begleitet vom Ambulant Betreuten Wohnen in den eigenen vier Wänden. Von dort fährt der Schlagzeuger jetzt immer dienstags mit dem Bus von Brilon nach Bigge zur Musikprobe. Seine Musikwelt organisiert sich Uli Hildebrandt selbst. Er ist selbstständiger geworden – auch dank der Musik. Nicht nur neue Märsche hat er kennengelernt, sondern auch Menschen, welche die Leidenschaft des Musizierens mit ihm teilen – und das bereits seit über zwei Jahrzehnte. Zum 25-jährigen Vereinsjubiläum gab es dann das obligatorische Ständchen, einen Orden und Ehrennadel und ein Überraschungsgeschenk. „Trommelstöcke, die im Dunklen leuchten“, verrät der 48-jährige Jubilar: „Ein super Geschenk.“ Das auf dem Kreisschützenfest in Brilon präsentiert wird. Da ist Uli Hildebrandt nämlich wieder mit von der Partie. Er wird weder eine Haupt-, Neben- noch Sonderrolle spielen. Uli Hildebrandt spielt die Trommel und das mittendrin und nicht nur dabei.

Text und Bild: Caritasverband Brilon